
Die Leitlinienempfehlungen für die Behandlung des Mammakarzinoms mit niedriger Hormonrezeptor (HR)-Expression (1-9 %) sind unklar, und mehrere Studien zeigten mehr Ähnlichkeiten mit HR-negativen Tumoren als mit stark HR-positiven Tumoren (≥ 10 %). Schrodi et al. verglichen die Charakteristika und das Outcome von Patientinnen mit schwach HR-positiven Tumoren mit denen von HR-negativen bzw. stark HR-stark positiven Tumoren anhand einer bevölkerungsbasierten 15-Jahres-Kohortenstudie. Eingeschlossen wurden insgesamt 38.560 Frauen mit früh invasivem Mammakarzinom, die zwischen 2004 und 2018 im Münchner Tumorregister (MCR) erfasst worden waren.
Innerhalb der HER2-negativen Subkohorte (n = 33.366) war das Überleben bei Patientinnen mit schwach HR-positiven Tumoren signifikant schlechter als das von HR-stark positiven Tumoren (OS-Hazard Ratio [HR] 0,66 [0,55-0,78]). Dagegen ließ sich im Vergleich von schwach HR-positiven und HR-negativen Tumoren kein signifikanter Überlebensunterschied feststellen (OS-HR 0,93 [0,78-1,11]). Ähnliche Ergebnisse waren für die Zeit bis zum Lokalrezidiv, bis zum Lymphknotenrezidiv und bis zur Metastasierung zu beobachten. Im Gegensatz dazu zeigten sich in den multivariaten Analysen innerhalb der HER2-positiven Kohorte (n = 5.194) keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den drei HR-Gruppen. Unabhängig vom HER2-Status scheinen Patientinnen mit schwach HR-positiven Tumoren offenbar nicht signifikant von einer endokrinen Therapie zu profitieren.
Auf der Basis dieser Ergebnisse empfehlen die Autoren, die derzeitigen Definitionen für HR-Positivität und ihre klinische Relevanz neu zu überdenken. Schwach HR-positive, HER2-negative Tumoren sollten ähnlich wie triple-negative Tumoren betrachtet und behandelt werden.
Quelle: 35. Deutscher Krebskongress (DKK) 2022, 13.-16.11.2022 in Berlin; Schrodi S et al. Outcome of breast cancer patients with low hormone receptor positivity: Analysis of a 15-year population-based cohort. Oncol Res Treat 2022; 45 (suppl 1): 7-284; Abstract #114