
Was ist der Nutzen von Homöopathie in Bezug auf die Lebensqualität bei schweren Erkrankungen? Mehrere Studien haben dieses Thema in den letzten Jahren untersucht. In der vierten Ausgabe der Reihe Studien-Monitor stellt das Homeopathy Research Institut (HRI) eine 2022 veröffentlichte retrospektive Studie vor, die auf der landesweiten französischen Gesundheitsdatenbank basiert. Darin wurden die Daten von über 98.000 Frauen ausgewertet, die sich wegen eines neu diagnostizierten, nicht metastasierten Brustkrebses einer Mastektomie [1] unterzogen hatten. Die Studie zeigte, dass eine zusätzliche homöopathische Behandlung Frauen hilft, die Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung besser zu vertragen.
Thema und Hauptautor
„Vorteile der homöopathischen Zusatzbehandlung bei Brustkrebspatientinnen” von Dr. med. Jacques Medioni, Abteilung für medizinische Onkologie, Hôpital Européen Georges Pompidou, Paris, Frankreich
Hintergrund der Studie und zusätzlicher Nutzen einer homöopathischen Behandlung
Bestrahlung, Chemotherapie und Hormonbehandlung bei Brustkrebs sind häufig mit Nebenwirkungen verbunden, die die Lebensqualität der Patientinnen erheblich einschränken können. Der Linderung der Nebenwirkungen und der Steigerung der Lebensqualität der Patientinnen wird immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt, da sich die Überlebensprognose bei Brustkrebs dadurch verbessert.
In diesem Sinne nutzen viele Krebspatientinnen die Komplementärmedizin als Teil ihrer unterstützenden Behandlung. Die Homöopathie ist eine der am häufigsten genutzten komplementären Therapien [2]: Untersuchungen zufolge wird sie von 12–19 % der Brustkrebspatientinnen [3] angewendet. Mehrere kleine Studien haben gezeigt, dass Patienten, die zusätzlich homöopathisch behandelt wurden, eine Linderung der Nebenwirkungen der Krebstherapie erfuhren und eine bessere gesundheitsbezogene Lebensqualität hatten. Größere vergleichende Studien fehlten jedoch. Die hier vorliegende Studie von Medioni, die den Nutzen einer zusätzlichen homöopathischen Behandlung bei Frauen mit einer nicht-metastasierten Brustkrebs analysierte, füllt nun diese Lücke.
Wie wurde die Studie durchgeführt?
Es ist eine nationale retrospektive Kohortenstudie [4] auf Grundlage der französischen Gesundheitsdatenbank [5]. Eingeschlossen wurden alle Frauen in Frankreich, die sich zwischen 2012 und 2013 einer Mastektomie bei neu diagnostiziertem nicht-metastasiertem Brustkrebs unterzogen hatten. Die Frauen wurden zwischen der Brustkrebsdiagnose und der Operation (präoperativer Zeitraum) und 5 Jahre lang nach der Operation beobachtet. Der Beobachtungszeitraum wurde in 6-monatige Perioden unterteilt.
Die Frauen wurden in 3 Gruppen eingeteilt − je nach Anzahl der zusätzlich zur konventionellen Behandlung verabreichten homöopathischen Arzneimittel: Klasse 1: keine homöopathischen Arzneimittel; Klasse 2: 1–2 homöopathische Arzneimittel; Klasse 3: ≥ 3 homöopathische Arzneimittel.
Das Hauptziel der Studie bestand darin, den Nutzen einer zusätzlichen homöopathischen Behandlung auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu bewerten. Diese wurde anhand der Anzahl der folgenden konventionellen Medikamente gemessen, die zur Linderung der Nebenwirkungen der Krebstherapie eingesetzt wurden:
- Medikamente zur Linderung körperlicher Nebenwirkungen wie Antiemetika, Antidiarrhoika, Mundspülungen u. a.
- Medikamente zur Behandlung psychischer Probleme wie Angstzustände, Depressionen und Schlafstörungen
Ein sekundäres Ziel war die Bewertung der Kosten durch die zusätzliche homöopathische Behandlung.
Ergebnisse
26 % der Frauen nahmen in den sechs Monaten vor der Operation und 22 % in den sechs Monaten nach der Operation homöopathische Arzneimittel ein; danach blieb die Verwendung homöopathischer Arzneimittel in den verbleibenden vier Jahren der Studie bei 15 % stabil.
Bei Frauen, denen in den 6 Monaten vor der Mastektomie 3 oder mehr homöopathische Arzneimittel verabreicht wurden, war die Verwendung konventioneller Arzneimittel zur Linderung körperlicher Nebenwirkungen der Krebsbehandlung in den 6 Monaten nach der Mastektomie um 12 % niedriger als bei Frauen, die keine homöopathischen Arzneimittel erhalten hatten. Dieser Unterschied war signifikant [6]. Ein ähnliches Muster wurde in der Phase 7–12 Monate nach der Operation beobachtet [7].
Die Studie ergab keinen Unterschied in der Verwendung von konventionellen Medikamenten gegen Angstzustände, Depressionen und Schlafstörungen während der gesamten postoperativen Beobachtungszeit zwischen Patientinnen, die zusätzlich homöopathische Arzneimittel erhielten und Patientinnen, die nur konventionelle Medizin verwendeten.
Die durchschnittlichen Kosten für konventionelle Arzneimittel, die zur Linderung der Nebenwirkungen der Krebsbehandlung in den 6 Monaten nach der Operation gegeben wurden, waren bei Frauen, denen 3 oder mehr homöopathische Arzneimittel verabreicht wurden, niedriger als bei den Frauen, denen keine Homöopathika verabreicht wurden [8]. Dasselbe galt für die durchschnittlichen Krankenhauskosten [9].
Warum sind die Ergebnisse dieser Studie so wichtig?
Trotz der großen Fortschritte in der Krebsbehandlung leiden Patientinnen immer noch stark unter den Nebenwirkungen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie deuten darauf hin, dass die Homöopathie den Einsatz konventioneller Medikamente zur Behandlung der Nebenwirkungen bei Frauen mit nicht-metastasiertem Brustkrebs im Jahr nach der Mastektomie reduzieren kann. Dadurch können die Lebensqualität und die Compliance mit der konventionellen Krebsbehandlung verbessert werden.
Da Patienten zunehmend nach komplementär-medizinischen Arzneimitteln fragen, um die Nebenwirkungen ihrer Krebsbehandlung zu lindern, sollten Ärzte mehr über nicht-konventionelle Therapien wissen. Diese Studie zeigt, dass Frauen, die zusätzlich zu ihrer konventionellen Behandlung homöopathische Arzneimittel einnehmen, die Nebenwirkungen der Behandlung besser vertragen und weniger zusätzliche konventionelle Medikamente benötigen. Dies unterstreicht, wie wertvoll es ist, die Homöopathie als Bestandteil der unterstützenden Behandlung in die Krebstherapie aufzunehmen.
Welche Relevanz hat die Studie für die klinische Evidenz?
Für die aktuelle Studie wurde die landesweite französische Gesundheitsdatenbank verwendet, die eine kontinuierliche Beobachtung der Patienten über einen langen Zeitraum ermöglicht. Bei der Datenbank handelt es sich um eine repräsentative und umfangreiche Kohorte, die 98 % der französischen Bevölkerung abdeckt, wodurch die mit Stichproben verbundenen Unsicherheiten vermieden werden.
Bei dieser Studie handelt es sich um die erste groß angelegte vergleichende Studie, die den Nutzen einer zusätzlichen homöopathischen Behandlung auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen in Frankreich untersucht.
Originalpublikation: Medioni J et al. Benefits of homeopathic complementary treatment in patients with breast cancer: a retrospective cohort study based on the French nationwide healthcare database. Clinical Breast Cancer 2022; 23: 60–70
Quelle: Pressemitteilung des Homeopathy Research Instituts